Sichtfeld (FOV)

Bei der Entwicklung des VR-Headsets von Valve Index stand die Qualität des VR-Erlebnisses für uns an erster Stelle. Dazu gehören eine überzeugende visuelle Darstellung, fesselnder, klarer Ton, Ergonomie, ein erstklassiges Ortungssystem und mehr. Ein weites Sichtfeld ist ein entscheidender Aspekt hochwertiger Optik. Es ermöglicht tiefere Immersion und einen höheren Tragekomfort und steigert so das Vergnügen am Gameplay in der VR-Welt.

Bevor wir uns ins virtuelle Abenteuer stürzen, möchten wir einige Aspekte des Sichtfelds (FOV) und der damit verbundenen visuellen Qualität erläutern.

Winkelauflösung: Die Winkelauflösung in Pixel pro Grad (ppd) ist ein wichtiger Faktor für eine scharfe und realistische virtuelle Welt. Beim Design eines VR-Headsets wird die Winkelauflösung von der Anzeigeauflösung und dem Sichtfeld bestimmt. Bedauerlicherweise verringert ein weites Sichtfeld die Winkelauflösung, da die verfügbaren Pixel über einen großen Bereich verteilt sind. Dies erfordert Kompromisse beim Design, denn Bildschärfe und Sichtfeld sind gleichermaßen wichtig für ein hervorragendes VR-Erlebnis. Für ein klares und scharfes visuelles Erlebnis zählen jedoch neben Pixel pro Grad noch weitere Faktoren, wie z. B. Subpixel-Layout, Füllfaktor, Optik und sogar Ergonomie. Doch mit diesen Themen wollen wir uns später beschäftigen.

Aktualisierungsrate und Beleuchtungszeiten (Persistenz): Viele Vorteile einer höheren Aktualisierungsrate sind aus dem PC-Bereich wohlbekannt. In einer VR-Umgebung, bei der die Anzeige direkt am Kopf angebracht wird, sind eine hohe Aktualisierungsrate und eine geringere Persistenz Schlüsselfaktoren, um Bewegungsunschärfe so weit wie möglich zu reduzieren. Ähnlich wie bei hoher Auflösung erhöht sich die subjektiv wahrgenommene Schärfe des Bildes je geringer die Bewegungsunschärfe ausfällt. Darüber hinaus lässt bessere Persistenz virtuelle Objekte beständiger erscheinen und verbessert ganz allgemein die Stabilität der virtuellen Umgebung, was durch mehr Pixel pro Grad allein nicht erreicht werden kann. Aufgrund der Physiologie der menschlichen Wahrnehmung gewinnen diese Eigenschaften mit zunehmendem Sichtfeld an Bedeutung.

Wir planen in zukünftigen Beiträgen näher auf diese Aspekte einzugehen, möchten sie hier zum Thema Sichtfeld aber zumindest erwähnen.

Was ist das VR-Sichtfeld?

Im Bereich der Optik gibt es eine ganze Reihe von Begriffen und Konventionen rund um Sichtfelder. VR hat in vielerlei Hinsicht andere Anforderungen, daher wenden wir den Begriff etwas anders an. Bei optischen Systemen außerhalb VR ist die Position der Pupillen* unveränderlich und die Größe des Anzeigefelds bzw. der Sensoren bestimmen die Grenzen des Sichtfelds für eine bestimmte Linse. In diesen Fällen lässt sich das Sichtfeld leicht in horizontalen, vertikalen und diagonalen Faktoren beschreiben. Diese Abmessungen errechnen sich aus dem Rand des Sensors oder des Anzeigefelds durch die Pupille des optischen Systems. Im Bereich der virtuellen Realität ist die „Pupille“ jedoch eine Kombination aus der Position der menschlichen Augen (dazu gehört der Linsenabstand und die Interpupillardistanz), der Blendenöffnung des VR-Headsets (aus ergonomischen Gründen gewöhnlich nicht rund), der Brennweite der Linsen, der Anzeigegröße und der binokularen Beziehung zwischen beiden Augen. Daher ist es in VR komplizierter das optische Sichtfeld zu messen. (Unter dem Begriff Linsenabstand verstehen wir den Abstand zwischen der Vorderseite der Linse und dem nächstgelegenen Punkt Ihres Auges, normalerweise der Vorderseite Ihrer Hornhaut.)

Durch sein überlegenes Design bietet jedes VR-Headset von Valve Index, unabhängig vom Benutzer, das größtmögliche Sichtfeld für jedes Auge. Es ist dieses Sichtfeld, worüber Leute gewöhnlich sprechen und das sie messen. Beim Produktdesign für das VR-Headset von Valve Index kommt es uns jedoch vorrangig auf das an, was der Benutzer tatsächlich sieht. Als wir mit der Entwicklung begannen, stellten wir fest, dass existierende VR-Headsets aufgrund ihrer Passform und unterschiedlicher individueller Gesichtsformen häufig über ein kleineres (sogar viel kleineres) Sichtfeld verfügen, als die theoretisch mögliche Maximalgröße. Grundlegende Trigonometrie lehrt uns zum Beispiel, dass die Linse nur einen schmalen Winkel abdeckt und Spieler daher ein sehr begrenztes Sichtfeld erhalten, wenn ihre Augen im Verhältnis zum Linsendurchmesser zu weit von der Linse entfernt sind. Das VR-Headset von Valve Index strebt ein Sichtfeld von mehr als 90 Grad an, denn selbst ein überschüssiger Linsenabstand von nur einem Millimeter verringert das Sichtfeld um ca. 3 Grad.

Wenn Sie beim Tragen eines VR-Headsets von Valve Index den Einstellknopf für den Linsenabstand einmal ganz in eine und dann die andere Richtung drehen, können Sie das Zusammenspiel von Sichtfeld und Linsenabstand in der Auswirkung auf das Sichtfeld beobachten. Unterschiedliche Gesichtsformen können beim Linsenabstand für eine Abweichung von bis zu +/–6 mm sorgen.

Die Analyse des geometrischen Verhältnisses von Augenposition zu Linse wird durch diverse andere Faktoren zusätzlich erschwert. Was passiert z. B., wenn der Blick zuerst nach vorne gerichtet ist und sich dann zur Seite abwendet, sich also die Pupille von der Linse weg und näher an den Rand bewegt? Auch für die Interpupillardistanz (IPD) falsch eingestellte Hardware kann das Sichtfeld beeinträchtigen. Eine zu kleine IPD beispielsweise schränkt das Sichtfeld nach außen hin ein.

Darüber hinaus spielt die richtige Passform eine wichtige Rolle. Das VR-Headset kann enger oder lockerer eingestellt oder versetzt positioniert werden, doch dies hat negative Auswirkungen auf das Sichtfeld. Verschreibungspflichtige Sehhilfen machen die Sache noch komplizierter, da diese den effektiven Linsenabstandswert optisch ändern. Neben diesen physikalischen Unsicherheiten gibt es zusätzliche Komplikationen auf der Softwareseite, wie zum Beispiel die Verschiebung der Frustums (Pyramidenstümpfe) der Projektionsmatrix oder bei nicht kreisförmigen Renderzielen, welche das Sichtfeld asymmetrisch machen. Außerdem sind Ebenenmasken zur Steuerung von Streulicht und Farbsäumen (bei chromatischen Aberrationen) dynamisch und reagieren auf das Rückprojektionssystem. Dies bedeutet, dass das Sichtfeld nicht einmal von einem Frame zum nächsten statisch ist.

Alle bis hierhin erwähnte Aspekte beziehen sich nur auf ein einzelnes Auge. Berücksichtigt man das binokulare Sichtfeld wird Überlappung des Gesehenen und somit die individuelle Wahrnehmung zu einem weiteren einflussnehmenden Faktor.

Betrachtet man die oben erwähnten Aspekte einzeln, bewegt sich der Effekt in einem Rahmen von einem oder zwei Millimeter, aber in ihrer Gesamtheit bedeutet dies: a) ein optimales Sichtfeld erfordert erhebliche Toleranzbereiche oder Einstellungsmöglichkeiten und b) es ist schwierig (eigentlich unmöglich), anhand einer einzigen objektiven, quantifizierbaren Messung des Sichtfelds vorherzusagen, welches Ergebnis der jeweilige Benutzer tatsächlich erhält. Eine solche Quantifizierung würde also nicht wirklich Klarheit schaffen und daher möchten wir das Sichtfeld nur ungern mit einer einzigen Zahl beschreiben. Sprechen wir stattdessen über den ersten Fall (a) …

Design des Sichtfelds

Damit Benutzer im „nahen Bereich“ (und Benutzer, die eine Brille tragen) ein VR-Headset benutzen können, muss bei einem Design ohne gute Einstellungsmöglichkeiten des Linsenabstands und ohne sorgfältig durchdachten Komfort beim Linsenabstand genug Spielraum nach außen gelassen werden. Somit steht man vor zwei gleichermaßen unbefriedigenden Designoptionen: Entweder gestaltet man das maximale Sichtfeld relativ klein oder man gestaltet es ziemlich groß, wobei das Sichtfeld in diesem Fall jedoch für viele Benutzer abgeschnitten ist und man Verluste bei der Winkelauflösung in Kauf nehmen muss.

Für das Sichtfeld des VR-Headsets von Valve Index haben wir stattdessen das theoretische Maximum so nah wie möglich an der Bestleistung von VR-Headsets der vorherigen Generation beibehalten und konzentrieren uns darauf, allen Benutzern ein umfangreiches und überzeugendes Sichtfeld zu bieten. Dies ist durch eine Kombination von Designelementen möglich, die in ihrem Zusammenspiel für einen großen Unterschied beim effektiven Sichtfeld und Komfort sorgen:

  1. Linsenabstand:
    Durch Anpassungsmöglichkeiten beim Linsenabstand und der Interpupillardistanz soll in erster Linie eine optimale nominelle Augenposition für so viele Benutzer wie möglich erzielt und damit ihr Komfort und Sichtfeld maximiert werden. Der Linsenabstandsmechanismus von Valve Index ist nicht nur einfach einzustellen, sondern ermöglicht es außerdem, die Display-Baugruppe im Vergleich zu VR-Headsets der vorherigen Generation näher an die Augen heranzubringen. Dies bedeutet, dass die meisten Benutzer mehr vom von der GPU gerenderten Gesamtbild sehen. Das Design des VR-Headsets von Valve Index erlaubt die bestmögliche Funktionalität des optischen Subsystems und verbessert den Spielraum seines Arbeitsbereiches.
  2. Geneigte Optik (angewinkelte Tubuslinsen):
    Zweitens haben wir zur Optimierung des inneren Sichtfelds im Vergleich zum äußeren und zur Verbesserung der verfügbaren inneren IPD-Reichweite jede Linse und Display-Baugruppe um 5 Grad geneigt. Der erste Vorteil dieses Neigungsansatzes liegt auf der Hand: Es versetzt das Sichtfeld um ein paar Grad zur Außenseite. Dadurch wird das innere Sichtfeld für beide Augen kleiner – es kommt also zu einer Überlappung. Diese Überlappung ist natürlich nach wie vor von hoher Bedeutung. Durch die Neigung wird jedoch die Winkelauflösung des Systems erhöht und gibt uns gleichzeitig die Möglichkeit, das angestrebte größere binokulare Sichtfeld zu erzielen.

    Bei einer geneigten Optik besteht der größte Nachteil darin, dass sowohl die vorhandene Software-Inhaltsbibliothek als auch die GPU-Rendering-Hardware in der Regel für parallele Augen optimiert sind. Glücklicherweise kann die für die Rückprojektion zuständige Software, die wir ohnehin bereits zur Aufrechterhaltung konstanter Bildraten verwenden, dies leicht kompensieren und es sind nur wenige Anpassungen für jeden Frame erforderlich. Auf diese Weise werden bereits existierende und zukünftige Anwendungen weiterhin parallel gerendert und funktionieren „ganz einfach“ für VR-Headsets mit gering angewinkelten Linsen.
  3. Linsengeometrie:
    Drittens ist die Vorderseite der Linsen nun um Einiges flacher. Hierdurch können die Augen insbesondere für Brillenträger wesentlich näher an die Linsen herankommen. Der Unterschied beträgt nur einige Millimeter, doch in unseren Tests hat sich gezeigt, dass auch eine geringe Änderung eine große Wirkung haben kann. Es ist zwar technisch möglich, dies durch eine Erweiterung der Blendenöffnung zu erreichen, doch sind dem Außenumfang der Linsen Grenzen gesetzt, da sie in das VR-Headset passen und gleichzeitig eine ausreichende Interpupillardistanz (IPD) gewährleisten müssen, um der größtmöglichen Anzahl von Nutzern ein gutes VR-Erlebnis zu bieten.

Zusätzlich zu diesen drei Aspekten, gibt es noch einige weitere, die beim Design des Index eine wichtige Rolle gespielt haben und wir hier in Bezug auf das Sichtfeld des VR-Headsets erwähnen möchten.

  • Linsendurchmesser: Wir haben den großen Linsendurchmesser von 50 Millimetern beibehalten. Dieser Abstand ist angenehm für die Augen und bietet gleichzeitig ein weites, geometrisch stabiles Sichtfeld. Dies hat bei unserem Designansatz eine wichtige Rolle gespielt, da der Lichtaustritt bei Linsen mit kleinerem Durchmesser verringert wird und somit das Sichtfeld schnell einschränken kann.
  • Scharfes Bild von Rand zu Rand: Das neue Linsendesign für den Index ermöglicht gleichmäßige Bildschärfe für das gesamte Sichtfeld. Dies war uns sehr wichtig, da eine zu niedrige Qualität ein weiteres Sichtfeld stärker beeinträchtigen kann, als es uns gefällt.
  • Geometrische Stabilität: Je weiter das Sichtfeld, desto schwieriger ist es, Verzerrungen auszugleichen und ein geometrisch stabiles Bild zu erreichen. Instabilität wird durch viele Faktoren verursacht, äußert sich aber am deutlichsten als Wackeln in der Welt, wenn Objekte, die fest erscheinen sollen, stattdessen bei einer Kopfbewegung des Spielers „wabern“ wie ein angestoßener Wackelpudding. Für uns ist geometrische Stabilität ein entscheidender Aspekt für den Langzeitkomfort und den steigenden Gebrauch von VR-Headsets.

Es gibt also Dutzende Aspekte, die sich auf das Sichtfeld auswirken und beim Design berücksichtigt werden müssen, um das tatsächliche Sichtfeld für unsere Spieler so weit und scharf wie möglich zu gestalten.

Zusammengefasst:

  • Das VR-Headset von Valve Index maximiert das Sichtfeld, indem es die Linsen trotz des Gesichtspolsters näher an die Augen heranbringt.
  • Das von der GPU für Valve Index gerenderte Sichtfeld ähnelt dem der Vive und der Vive Pro, bietet Spielern jedoch ein weiteres Sichtfeld und bessere Bildschärfe im Vergleich.
  • Das umsichtige Design des VR-Headset von Valve Index erzielt ein größeres und effektiveres Sichtfeld ohne dabei Pixel pro Grad (ppd) einzubüßen.
  • Die angewinkelten Tubuslinsen verschieben einen kleinen Teil des horizontalen Sichtfelds von innen nach außen und erzielen so eine bessere Balance.
  • Es ist schwierig, das Sichtfeld eines VR-Headset mit nur einer Zahl adäquat zu beschreiben.

*) „Pupille“bezieht sich hier auf die Blendenstufe (den Stop bei der Aperturblende) und ist für darin möglicherweise auftretende Brechungen oder Reflexionen verantwortlich. Dies kann die Blendenstufe selbst sowie die Eintritts- oder die Austrittspupille des Systems umfassen.

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